Darüber hinaus gibt es Plenarvorträge und Empfänge.

Die Organisation wird getragen von einem Verein, in dem allerdings nur Professionen Zugang haben.
Die Anmeldung zum DFGT ist barrierefrei, kostete aber für Nichtmitglieder in diesem Jahr bei frühzeitiger Anmeldung 260.- Euro (ohne Kosten für Fahrt, Übernachtung und Verpflegung).

Zum 20. DFGT waren rund 500 Personen angemeldet – ohne Referenten und Ehrengäste. Letztere kommen hauptsächlich aus der Politik und sind z.B. Angehörige des Bundes- und der Landesjustizministerien.

Für mich war diese Teilnahme die erste und ich erwartete deshalb mit Spannung alle Ereignisse und Abläufe.

Mittwoch, 18.09.2013
18 Uhr – Begrüßung und Eröffnungsvortrag

Prof. Dr. Dr. h.c. Gerd Brudermüller, Vorsitzender Richter des OLG Karlsruhe und Präsident des DFGT, begrüßte das Plenum und eröffnete mit einem kurzen Referat. Anstatt mit Aussagen ex cathedra regulierend in die derzeitigen Umwälzungen im Familienrecht eingreifen zu wollen, formulierte er Fragen und mahnte Offenheit für neue Konzepte an. Er erklärte auch nach 12 Jahren seinen Ausstieg aus dem Amt.

Verschiedene Personen (Justizminister NRW, Stellvertr. Bürgermeister Brühl, Vertreterin des BMJ, Vertreterin des AG Familienrecht DAV, …) sprachen Grußworte, die immer auch die Qualität eines Kurzreferates hatten. Der historische Wandel des Familienbegriffes stand dabei im Mittelpunkt der Betrachtungen.

Die Festrede hielt der wohl renommierteste deutsche Journalist in Sachen Familienrecht, Prof. Dr. Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung.
„Familie ist kein Stillleben“
Die Rede war sowohl inhaltlich als auch rhetorisch ungewöhnlich.
Viele Bezüge in die Bereiche Kunst, Philosophie, Geschichte, Recht und weitere Geisteswissenschaften bildeten das thematische Gefüge und lieferten viele Anregungen.
Rhetorisch war die Rede so konzipiert, dass sie ein waches Verfolgen erleichterte. Dabei waren allerdings die Übergänge zwischen prosaischem Redetext und eventuellem Kunstanspruch fließend. Außerdem waren die Dynamikschwankungen so extrem, als hätte der Mitschnitt des Referates das Kernstück einer Lern-DVD für ein Rhetorik-Seminar abgeben sollen.

Inhaltlich muss ich zwei Punkte anmahnen:
Prantl definierte ALLE Familienkonstellationen, in denen ein Kind Zuwendung erfährt und Zuversicht vermittelt bekommt, als gleichwertig.
Dabei vergaß er die Konfrontation mit den Anteilen der eigenen genetischen Identität, die erst eine intensive Auseinandersetzung damit ermöglichen. Dies können nur die leiblichen Eltern leisten. Alle anderen Familienkonstellationen mögen gleichwertig sein, tragen aber im Vergleich zur Ursprungsfamilie immer den Stempel der Notlösung.
Bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen kommt hinzu, dass die enge Auseinandersetzung mit dem anderen Geschlecht im familialen Lebenskontext weg fällt und dass damit die sexuelle Identitätsfindung erschwert wird.

Außerdem sieht Prantl die Adoptionspraxis für die Homoehe so undifferenziert wie wir dies aus der öffentlichen Diskussion schon kennen:
Ein lesbisches Paar hat sich schon immer Kinder beschafft, ohne Belastung durch rechtliche oder sonstige Argumente.
Allein Männer haben ein Problem damit, das leben zu können, was ihnen Frauen im homoerotischen Milieu schon immer vorgelebt haben.
Diese Differenzierung wird nie erwähnt.
Außerdem wird die Adoptionspraxis in der Homoehe – auch von der Evangelischen Kirche – ausschließlich unter dem Aspekt der Freiwilligkeit und Freiheit der Lebensgestaltung von Erwachsenen diskutiert und nie vom Kind aus betrachtet.

Der Abend endete mit einer Einladung des DFGT zum Buffet, das Gelegenheit bot, mit vielen Teilnehmenden in Kontakt zu kommen.

Donnerstag, 19.09.2013
Arbeitskreise

Ich war natürlich im Arbeitskreis 7 „Umgang zwischen Wochenend- und Wechselmodell“.
AK-Leiterin: Prof. Dr. Hildegund Sünderhauf mit Josef Mohr, RA, München, als Co-Moderator.
Mit 75 Anmeldungen war dieser AK eigentlich weit überbelegt, wurde aber trotz Deckelung bei etwa 25 Teilnehmern auf 65 Teilnehmer aufgestockt und fand deshalb im Audi max statt.
Es waren 8 Thesen vorformuliert, über die jeweils nach einer einführenden Information zum Thema durch Frau Sünderhauf abgestimmt werden sollte.
Da das Thema gerade in Deutschland ideologisch tiefgreifend besetzt ist und damit auch die Information mit der Beschäftigung internationaler Forschungsergebnisse weitgehend geblockt ist, entstand eine Situation, in der viele der Teilnehmenden das Gefühl hatten, der AK-Leiterin in allem blind folgen zu sollen bzw. sich von ihr raffiniert in eine Richtung gelenkt zu sehen.

So muss es nicht verwundern, wenn das Plenum eine Einzelthese (Annahme der Erkenntnisse der empirischen Tatsachenforschung) zur Abstimmung gar nicht erst zuließ. Andere Thesen konnten aus Zeitgründen nicht diskutiert und verabschiedet werden.
Was dann aber letztendlich verabschiedet wurde, ist ein Erfolg in Sachen Wechselmodell und lässt der Weiterentwicklung Raum, womit auch die Befürworter der paritätischen Doppelresidenz, ein Begriff, den Frau Sünderhauf von uns übernahm und auch in Brühl auf ihren Folien verwendete, zufrieden sein können.
Insgesamt waren die Diskussionen sehr engagiert, demokratisch und von gegenseitigem Respekt getragen.

Die letzte Abstimmung mit der höchsten Zustimmung fasste alle Ergebnisse des Tages zusammen:

„Die Teilnehmer(innen) des AK erkennen in der Praxis eine steigende Bedeutung der Wechselmodell-Thematik.
Die Teilnehmer(innen) des AK befürworten, bei Betreuungsentscheidungen eine Betreuung im Wechselmodell – u.a. alters- und bindungsabhängig – in Erwägung zu ziehen.
Der AK empfiehlt, sich mit den Ergebnissen aus der vorhandenen empirischen Forschung auseinanderzusetzen und begrüßt weitere Forschung auf diesem Gebiet.“
62 JA-Stimmen, 0 NEIN-Stimmen, 4 Enthaltungen

Der Donnerstag Abend war zunächst einer Mitgliederversammlung vorbehalten, in der die schon vorher „gehandelte“ Nachfolgerin im präsidialen Amt der Leitung des DFGT gewählt wurde. Den neuen Vorsitz hat Frau Dr. Isabell Götz, Richterin am OLG München, inne.

Danach traf sich der „harte Kern“ bei einer Einladung des ISUV-Vorsitzenden Josef Linsler, die im engeren Kreis Gelegenheit für Gespräche bot.


Freitag, 20.09.2013
Arbeitskreise

Ich nahm am AK 15 – Unterhalt beim Wechselmodell – teil.
Leitung: Dr. Christian Seiler, Richter am OLG München.

Bis zum Mittagessen wurde höchst engagiert um Unterhalt bei 50:50 (symmetrisches Wechselmodell) diskutiert, wobei es dabei auch lange um marginale Beträge im einstelligen Eurobereich ging.
Erst nach dem Mittagessen ging es bei der Behandlung von Unterhalt beim asymmetrischen Wechselmodell ans Eingemachte.
Es wurde lange darüber diskutiert, ob man ab einem Anteil von 30:70 die volle Barunterhaltsverpflichtung aufgeben solle und anteilmäßig beide Elternteile barunterhaltspflichtig machen sollte. Dabei wurde nicht nur über die Zeitanteile, sondern auch über qualitative Unterschiede von Alltagsbetreuung und Wochenendbetreuung diskutiert.

Schließlich fand man zu Formulierungen, die eine Berücksichtigung im Unterhalt bei deutlich über das Normalmaß an Umgang hinausgehenden Betreuungsanteilen empfehlen und die eine Weiterentwicklung ermöglichen.
Deutlich wurde aber, dass die Akzeptanz vom Vortag aus AK 7 mit Blick auf die Alimentierung nicht mehr so leicht erreichbar war.

Abstimmung zur These (Auswahl):
„Wenn die Betreuung durch den umgangsberechtigten Elternteil die derzeit üblichen Umgangsregelungen wesentlich überschreitet, soll dieser Umstand zu einer Verringerung/Veränderung der Barunterhaltspflicht führen.“
25 JA, 11 NEIN, 2 Enthaltungen

Am Abend gab es einen Plenarvortrag zum Thema „Aber das Recht hat seine Grenze an der Liebe“. Referent: Prof. Dr. Dr. h.c. Kurt Seelmann, Basel.

Nach dem Vortrag hatte die Stadt Brühl zum Empfang ins Phantasialand geladen und dazu auch Shuttle-Busse bereit gestellt.
Stehtische, Getränke und Mini-Häppchen über Servicepersonal, Saxophonquartett und Reden garnierten die Gespräche, während denen ich einige weitere Personen, die mir bisher nur namentlich bekannt waren, persönlich kennen lernen konnte.


Samstag, 21.09.2013
Plenarvortrag mit anschließender Plenardiskussion:
„Risikoeinschätzung bei Kindeswohlgefährdung“
Referentin: Prof. Dr. phil. Ute Ziegenhain, Ulm.

Ein interessanter Vortrag, dessen Einzelaussagen in Auswahl durchaus in Verfahren hilfreich sein können.
Trotzdem wurden Tendenzen der Ulmer Linie deutlich, die vom Institut für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Ulm unter der Leitung von Prof. Dr. Jörg M. Fegert getragen wird:
- Der Vater MUSS eine Gewalttherapie machen
- Die psychisch oder psychiatrisch auffällige Mutter bekommt eine Therapie angeboten und KANN sich dazu bereit erklären
- Kinder dürfen bis zum 3. Lebensjahr nur so wenig wie möglich „wechseln“, um eine möglichst sichere Bindung aufbauen zu können, bindungssicher zu sein
- Wenn die Trennung so früh war, dass der Vater keine sichere Bindung aufbauen konnte, hat er hinterher auch keine Chance auf Umgang
- Sollte sich die Mutter als defizitär erweisen, kann sie im Rahmen der frühen Hilfen unterstützt werden. Entscheidend ist, ob sie die Hilfe annehmen kann.

Damit sind solche Mütter die Idealkunden der Institutionen der Familienhilfe. Diese braucht sichere Stammkundinnen und ist nicht an Hilfe zur Selbsthilfe interessiert, sondern an sicheren Dauereinsatzplätzen. Also trinkt die Familienhilfe mit der Mutter Kaffee, hilft ihr etwas im Haushalt und fährt sie mit der A-Klasse zum Shoppen oder zum Arzt. Damit wird die Mutter in die Lage versetzt, die Hilfe für die nächsten Jahre auch annehmen zu können. Im Gegenzug deckt die Familienhilfe die defizitäre Mutter im Fall einer Verhandlung vor dem Familiengericht.

Alle wichtigen Aussagen zu Risikofällen bestätigten defizitäre Mütter als Kinderbesitzerinnen. Als letzte Notfallmaßnahme muss das Kind eben heraus genommen werden.
Väter spielen nur dann eine Rolle, wenn ihnen die Mutter die Gelegenheit gab, eine „sichere Bindung“ aufzubauen.

Fazit

Ich lernte den DFGT als legitimes und offenes Gremium für die Erarbeitung von Hinweisen zur Weiterentwicklung des deutschen Familienrechts kennen.