Franzjörg Krieg: Warum wundern? Unser Verein existiert nur, weil das eben genau so ist. Wir Männer dachten nicht daran, dass wir einmal in einem der grundlegend wichtigsten Lebensbereiche gegen jede Rechtsauffassung, gegen jede vernünftige Orientierung auf das Kind und gegen jeden gesunden Menschenverstand, ja, gegen jedes Menschenrecht, mit unseren Kindern zusammen die Unterlegenen sein könnten. Wir haben deshalb den Anschluss im Emanzipationsprozess verschlafen und sind erst aufgewacht, nachdem die gesamten Strukturen unseres Systems die Entrechtung der Väter zementiert haben. Daher der Name „Väter-AUFBRUCH für Kinder“. Es war für den Aufbruch lange nach 12. Und seit nunmehr 25 Jahren versuchen wir beharrlich und entschieden im System gegen die verhärteten Strukturen vorzugehen, die gerade den familialen Bereich als wichtigstes Schlacht- und Siegerfeld für egomanische Frauen und Mütter aufbereitet haben. Das klingt wohl hart, entspricht aber exakt den seit inzwischen Jahrzehnten existierenden realen Bedingungen. Nicht umsonst wird Deutschland immer wieder vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg bescheinigt, dass es im Rahmen des Familienrechtes menschenrechtswidrig vorgeht. Das realisieren zu wenige in diesem Land, das für sich den Anspruch reklamiert, ein Rechtsstaat zu sein.
Warum haben Sie sich entschlossen, beim Verein Väteraufbruch für Kinder aktiv zu sein?
Franzjörg Krieg: Engagement im VAfK hat wohl immer Betroffenheit als Hintergrund. Erst wenn man selbst als ausgegrenztes Elternteil betroffen ist, erkennt man die Unrechts- und Diskriminierungsstrukturen in unserem System und muss als politisch verantwortlich denkender Mensch an dieser Situation arbeiten – auch dann, vielleicht auch besonders dann, wenn diese Arbeit der eigenen Situation nicht nützen sollte. Ich bin also Trennungsvater und habe die Ältere meiner beiden Töchter schon seit 16 Jahren und die Jüngere seit 5 Jahren nicht mehr gesehen. Das bedeutet den Tod einer Elternbeziehung. Welche Energien daraus erwachsen können, zeigen zum Beispiel die hohen Suizidraten von Männern mittleren Alters. Ich nutze diese Energien als Motor für die gesellschaftspolitische Arbeit.
In welcher Form hilft Väteraufbruch für Kinder e.V. und wer kann sich an den Verein wenden?
Franzjörg Krieg: Es gibt – was den Hilfebedarf angeht – nicht DEN VAfK. Dieser ist so vielgestaltig wie die verantwortlichen Akteure in den einzelnen Gruppen. Ich spreche hier also für „meine“ Gruppe in Karlsruhe, die sicher eine derjenigen ist, die das Hilfespektrum in einer Art und Weise ausgebaut hat, wie dies sonst nur professionelle Gruppen mit 6-stelligen Unterstützungsbeiträgen jährlich aus dem Steueraufkommen zu leisten imstande sind. Ohne einen einzigen Cent öffentliche Förderung setzen wir mit professionellem Anspruch ein ehrgeiziges Hilfeangebot in die Tat um, das neben Infoarbeit, Kongressen, Fortbildungen, Seminaren, etc. zunächst jede Woche einen öffentlichen Beratungsabend anbietet, der im langjährigen Schnitt rund 650 Anwesende jährlich zu uns führt. Daneben bieten wir Einzelberatungen (per Telefon, Mail oder live) an, Hilfe bei Schriftsätzen sowie Begleitung zu Ämtern (z.B. Jugendamt) und zum Familiengericht. Oft mündet die Beistandsarbeit (Begleitung) zum intensiven Coaching. Manchmal erhalten wir auch die Gelegenheit, Mediationen durchzuführen. Dies ist nur dann umzusetzen, wenn die Bereitschaft besteht, sein Leben dieser Arbeit zu widmen und professionelle Arbeit rein ehrenamtlich anzubieten.
Bei der Umfrage von match-patch gab fast die Hälfte der Väter an, dass die Ex-Partnerin einen häufigeren Umgang verhindert. Was raten Sie Vätern, denen der Umgang mit ihren Kindern erschwert oder sogar verweigert wird?
Franzjörg Krieg: Der lonesome wolf, der meint, er könne mit einem solchen Problem allein fertig werden, wird scheitern. Die hohe emotionale Betroffenheit erzeugt Tunnelblick und lässt neben den getriggerten spontanen Falschreaktionen keinen Überblick über das weite Feld der strategisch möglichen Handlungsvarianten zu. Und die professionellen Trennungsbegleiter, die im System integriert sind, warten nur auf jeden einzelnen Fehler eines Vaters, um damit zu begründen, dass sie ihn ausschließen müssen. Unsere vollen Beratungsabende zeigen, dass Väter eine intuitive Abneigung gegen die tradierten Beratungsstellen haben, die Jahrzehnte lang Väter über den Tisch gezogen haben, inzwischen aber Väter als neue Klientel umwerben. Rechtsanwälte haben ihren Beruf nicht gewählt, um ausgegrenzten Vätern effektiv zu helfen und um das System zu verändern. Sie nutzen das System, um darin möglichst leicht möglichst viel Geld zu verdienen. Wenn von Ausgrenzung betroffene Väter erfolgreich sein wollen, müssen sie Initiative ergreifen, sich informieren und sich kompetente Unterstützung suchen, die auf dem Weg durch den Dschungel der deutschen Familienrechtspraxis die nötige Orientierung liefert. Da ist der VAfK als einzige bundesweite Organisation, die sich um ausgegrenzte Elternteile kümmert, eine hilfreiche Adresse.
Was muss sich rechtlich und gesellschaftlich ändern, damit Väter Gleichberechtigung finden?
Franzjörg Krieg: Wenn wir beim Recht beginnen wollen, müssen wir schon bei den grundlegenden Definitionen beginnen. In §1591 BGB ist Mutterschaft rein biologisch und Vaterschaft in §1592 sozial und juristisch definiert. Außerdem wird in Deutschland durch Verbote (Leihmutterschaft, Eizellenspende, etc.) konkurrierende Mutterschaft ausgeschlossen, konkurrierende Vaterschaften werden aber geradezu produziert. Das war zu Zeiten von fehlenden Labornachweisen durchaus nachvollziehbar. Heute aber könnte Vaterschaft durchaus ebenfalls rein biologisch definiert werden, was natürlich nicht geschieht, weil dann Mütter nicht mehr die Macht behalten würden, durch ihre subjektive sexualpsychologische Disposition bestimmen zu können, wer der Vater ihres Kindes ist. Wir kennen viele Fälle, in denen Kinder inzwischen den dritten Partner ihrer Mutter mit „Papa“ anreden. Wir können weitermachen mit dem §1671 BGB, der einem Elternteil die Macht zuweist, durch einen Antrag beim Familiengericht den Entzug des Sorgerechtes für den anderen Elternteil auszulösen – und das ist meist der Vater. Ich möchte neben einigen anderen Paragrafen den §1626 nicht vergessen. Das Sorgerecht für nicht eheliche Väter ist nach einer für unser politisches System äußerst blamablen Prozedur immer noch so unbefriedigend gelöst, dass uns die nach langem Gewürge gefundene Lösung wieder nach Straßburg führen wird. Es kann eben nicht sein, dass eine Mutter immer zur Sorge geeignet ist, ein Vater aber zuerst geprüft werden muss, ob ihm das zugetraut werden kann. Oder wenn man davon ausgeht, dass ein Vater, der die Mutter geheiratet hat, immer sorgegeeignet ist, ein nicht ehelicher Vater aber geprüft werden muss. Das sind Lösungen, die einem Rechtsstaat im internationalen Rahmen einfach nur unwürdig sind. Neben einigen Stellen, an denen gesetzgeberisch nachgebessert werden müsste, gibt es aber die zähe Brühe des Gemenges von überkommenem Mutterkult und rot-grüner Frauenförderung, die das Räderwerk der Denkstrukturen in unserer Gesellschaft blockiert. Daraus resultieren verhärtete Dogmen, die gesellschaftspolitisch den Umgang mit der Thematik bestimmen: „Ein Kind gehört zur Mutter“, „Mutter fürs Emotionale, Vater fürs Finanzielle“, etc.
Das Problem ist, dass solche Denkweisen durch die politisch umgesetzte Frauenbewegung flächendeckend in alle Ebenen der Gesellschaft gegossen wurden, wozu auch die Institutionen von Forschung und Lehre und die Medienredaktionen gehören. Diese wirken als politisch korrekte Bremser im Weiterentwicklungsprozess, was die Arbeit am weiteren Gestaltungsprozess unserer Gesellschaft im familialen Kontext zum Ankämpfen mit Zahnstochern gegen Windmühlenflügel werden lässt. Trotzdem haben wir in den letzten 25 Jahren schon viel erreicht, was besonders seit 2009, dem Jahr der Premiere des Films „Der Entsorgte Vater“, erkennbar ist. Am deutlichsten erfährt man dies an den panischen Reaktionen der Vertreterinnen der Frauen- und Mütterszene, die uns „Macht“ und „Geld“ zuweisen, was wir nie hatten, sie aber sehr wohl. Der einleuchtendste Vorteil, den wir haben, besteht darin, dass die Mütterszene schon immer egoman argumentiert hat und immer noch mehr Macht und Entscheidungsgewalt über Kinder einfordert. Zum „Feministischen Familiengerichtstag“ 2014 in Leipzig z.B. wurde das Gemeinsame Sorgerecht, von dem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als Menschenrecht ausgeht, als Zumutung für Mütter bezeichnet. Wir Väter beschränken uns auf die Bedürfnisse des Kindes und sind zufrieden, wenn diese bedient werden. Und obwohl wir mit diesem Anspruch absolut mehrheitsfähig in der Mitte der Gesellschaft stehen, wird uns von den Vertreterinnen extremistischer Mütterinteressen Gewaltbereitschaft und Rechtsradikalität zugewiesen. Allein daran schon ist die panische Angst um den Verlust von Pfründen und Fördertöpfen abzulesen. Wie viel sich für uns bewegt, erkennt man an der Thematisierung unserer Inhalte in den Medien. Auch im Feierabendkrimi gibt es den Kommissar, der alle zwei Wochen Umgang mit seinem Kind hat. Oder die Frage der Vaterschaft ist ein unendliches Thema in den Gerichtsshows der privaten Kanäle. Ganz langsam bewegt sich also etwas, das wir auf allen Ebenen mit beeinflussen können, wenn wir in der Lage sind, die nötige Manpower zu investieren.
Vielen Dank und besonders allen betroffenen Vätern wünschen wir diese Manpower!
Franzjörg Krieg ist Jahrgang 1948, Realschullehrer für Musik und Ethik (inzwischen pensioniert), hat 2001 seine intensiv betriebenen Hobbys Musik und Höhlenforschung weitgehend aufgegeben, um sein Leben der Arbeit in der Beratung und der Gestaltung der Veränderung unserer Gesellschaft zu widmen.
Gründung des Väteraufbruch für Kinder Karlsruhe e.V. 2001 und bis heute 1. Vorsitzender, Mitbegründer und Vorstand des Landesverbandes BW, Ausrichter des Väterkongresses in Karlsruhe, Ausrichter des Vernetzungskongresses in Karlsruhe, Mitwirkender beim Film „Der Entsorgte Vater“ (2009), Gründungsmitglied des ICSP (International Council on Shared Parenting, 2014), Referent, Seminarleiter, Autor.
Hier finden Sie die vollständigen Ergebnisse der Umfrage von match-patch
https://www.match-patch.de/wp-content/uploads/2014/09/Umfrage-match-patch.de.pdf?2b5651
Interview auf der Single-Plattform match-patch
Getrennte Väter kämpfen um Gleichberechtigung
Sonja Deml im Gespräch mit Franzjörg Krieg
Autor: FJK - Veröffentlicht 16.09.2014 23:29
Eine Umfrage unter den bei match-patch angemeldeten Single-Eltern ergab, dass nur 23% der befragten Väter den Umgang mit ihren Kindern zufriedenstellend finden. 19% der Väter kämpfen derzeit um den Umgang mit ihren Kindern. 61% der Väter möchten ihre Kinder gerne öfter sehen und 16% wünschen sich zumindest manchmal mehr Zeit mit ihrem Nachwuchs. Ich fragte Franzjörg Krieg vom Verein Väteraufbruch für Kinder, ob ihn diese Zahlen wundern und woran es liegen könnte, dass so viele Väter um ihre Kinder kämpfen müssen.