Die Auffälligkeiten haben ihren Grund im Spannungsfeld des Dissenses zwischen den sich trennenden bzw. getrennten Eltern. So müsste die Schule ein hohes Interesse daran haben, dass das Konfliktniveau zwischen den Trennungseltern minimiert wird.

Bisher geschieht dies dadurch, dass argumentiert wird, die Differenzen der Eltern müssten aus der Schule heraus gehalten werden. Die Umsetzung dieser Vorgabe wird damit angestrebt, dass die Schule nur mit demjenigen Elternteil kooperiert, bei dem sich das Kind hauptsächlich aufhält.

Damit wird immer noch ein altes Konzept realisiert, das davon ausging, dass im Trennungsfall die Kernfamilie zerfällt und im Sinne eines „Desorganisationsmodelles“ nicht mehr mit den originären Familienmitgliedern existiert. Die familienrechtspraktische Konsequenz war, dass das geeignetere Elternteil ermittelt werden musste. So wurde regelmäßig ein Gewinner und ein Verlierer gekürt, was dazu führte, dass das Kind einen Elternteil weitgehend verlor und sich deshalb immer mit auf der Verliererseite befand.
In der Praxis entstand eine sogenannte „Ein-Eltern-Familie“ mit einem weitgehend ausgegrenzten zweiten Elternteil.
Pauschalsätze wie: „Ein Kind gehört zur Mutter“, „das Kind muss zur Ruhe kommen“ oder „Sorge dafür, dass es der Mutter gut geht, dann geht es auch dem Kind gut“ begleiteten und begründeten diese Praxis.

Schon seit den 70er Jahren begann man, Trennung und Scheidung nicht als punktuelles Ereignis zu sehen, sondern als Prozess zu sehen, an dessen Ende die Reorganisation von Familie in einem neuen setting steht.

Heute wird Trennung als Transitionsprozess von Familie gesehen. Es geht darum, dass die leiblichen Eltern ihre Rolle neu definieren und lernen, unter Trennung von Beziehungs- und Elternebene zu einer weiterhin tragfähigen Elternbeziehung zu finden. Dies bietet die Chance, dem Kind beide Elternteile zu erhalten. Allerdings ist diese Erkenntnis auch heute noch nicht in allen Köpfen und auch nicht bei allen Vertretern der familialen Professionen angekommen.

Seit der Reform des FGG und der Fassung der darin enthaltenen Elemente des Familienrechtes im FamFG hat dieser Prozess aber weitere Dynamik erhalten.
Die Stärkung der „Cochemer Praxis“ bei den Abläufen um konflikthafte Trennungen und Scheidungen und deren Umsetzung im Projekt „Elternkonsens“ gerade hier in BW verstärkten die Bemühungen um eine neue Sicht der Abläufe und der Interventionsmethodik.

Die Grundlage der bisherigen Praxis wurde z.B. in einer Elterninfo des Kultusministeriums vom September 2004 veröffentlicht. Dort heißt es:

Schulinformation für getrennt lebende Eltern
Aufgrund der in § 1627 des Bürgerlichen Gesetzbuches getroffenen Regelung, wonach Eltern die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und im gegenseitigem Einvernehmen zum Wohle des Kindes auszuüben haben und bei Meinungsverschiedenheiten versuchen müssen sich zu einigen, können Schulen nicht verpflichtet werden, den vom Kind getrennt lebenden Elternteil über schulische Angelegenheiten schriftlich zu informieren. Die Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts setzt voraus, dass die Eltern zur Kooperation bereit sind. Eine Regelung, inwieweit und auf welche Weise Informationen über Angelegenheiten ihres Kindes weitergegeben werden, ist in erster Linie von ihnen selbst zu treffen. Nach § 1686 BGB kann jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes entspricht.

Es ist das Bemühen erkennbar, das Problem von Seiten der Schule auf die Eltern abzuwälzen, dies mit Rechtsnormen zu begründen und zumeist in ihrem Verhalten überforderten Eltern etwas abzuverlangen, zu dem viele weder bereit noch in der Lage sind.
Theoretisch könnte das getrennt lebende Elternteil sogar über das Familiengericht den fehlenden Informationsfluss einklagen. In der Praxis muss dieses Elternteil aber gerade in hoch konflikthaften Elternbeziehungen Prozesse führen, um das eigene Kind überhaupt sehen zu können, kämpft also als Elternteil ums Überleben. Weitere Verfahren um verweigerte Informationen sind in der Regel vom physischen, psychischen und finanziellen Aufwand her nicht zumutbar.

So sorgte die bisherige Praxis der Kultusbehörden dafür, dass die Ausgrenzung von Elternteilen durch die Schule mit betrieben wurde.

Die Meinung, dass ein gemeinsames Sorgerecht auch eine hohe Kooperationsbereitschaft beider Eltern voraussetze, führte dazu, dass im Fall der Verweigerung des mit mehr Macht ausgestatteten Elternteils – regelmäßig das Elternteil mit Hauptaufenthaltsort – dem nur umgangsberechtigten Elternteil die Sorge entzogen wurde. Damit wurde auf kontraproduktive Weise und mit fatalen Folgen für Kinder und ausgegrenzte Elternteile egoistisches und damit kindeswohlschädliches Verhalten mit mehr Rechten belohnt.

Da inzwischen auch Mütter von dieser Ausgrenzung betroffen sind – zur Zeit liegt der Prozentsatz von ausgegrenzten Müttern in der Beratungspraxis des VAfK bei etwa 1 Prozent – wird die Bereitschaft, dieses Problem überhaupt erkennen zu wollen, größer. Auch die sich inzwischen wandelnde Einsicht in der familialen Intervention trägt zu einer neuen Sichtweise bei.

In der Beratungspraxis des „Väteraufbruch für Kinder“ spielt die Problematik der Ausgrenzung von Trennungselternteilen durch Kindergärten und Schulen eine große Rolle.
Im Wesentlichen erfahren wir, dass schulische Einrichtungen Elternteilen gegenüber immer wieder in einer Form auftreten, die als Ausgrenzung und Diskriminierung erlebt wird.

Dadurch, dass Schule das Problem ignoriert, wird es nicht aus der Schule herausgehalten. Es sitzt in Form hochbetroffener Kinder mit im Unterricht. Die Folge sind Lerndefizite und deutliche Störungen des Lernfortschrittes und des sozialen Miteinanders in der Schule.

Schule muss auf das Problem reagieren in Form unterstützender Maßnahmen zur sozialpädagogischen Intervention, Deeskalation und Prävention.


1. Informationsrecht getrennt lebender / geschiedener Elternteile

Rechtlich muss immer noch unterschieden werden zwischen Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht und Elternteilen mit Alleinsorgerecht.
Noch haben wir die Situation, dass ehemals verheiratete Eltern und nicht verheiratete Eltern grundsätzlich unterschiedlich gewertet werden:
- Nach einer Scheidung behalten beide Eltern in der Regel das Gemeinsame Sorgerecht – und dies in zunehmendem Maß.
- Nicht ehelichen Vätern wurde das Sorgerecht zunächst grundsätzlich verweigert, sie waren aus rechtlicher Sicht noch nicht einmal mit ihrem Kind verwandt. Seit der Kindschaftsrechtsreform 1998 wurde die Zuweisung des Sorgerechtes an den Vater ermöglicht, aber ins Belieben der Mutter gestellt. Erst seit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Menschenrechtswidrigkeit dieser Sichtweise feststellte, sah sich das Bundesverfassungsgericht 2010 genötigt, seine Entscheidung von 2003 als menschenrechtswidrig zurück zu nehmen und die Bundesregierung damit zu beauftragen, nicht ehelichen Vätern den Zugang zur Sorge auch gegen den Willen der Mutter zu ermöglichen. Die Modalitäten hierfür sorgten in der Bundesrepublik Deutschland für einen erbittert geführten Streit, der bis heute eine befriedigende Lösung verhindert.
Der vorläufig letzte Akt in diesem Drama war die Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages vom 28.11.2012, zu der kein einziger Vertreter der organisierten Väter geladen war, aber sehr wohl eine Vertreterin des Alleinerziehendenverbandes, die 2010 für ihre extreme Ausgrenzungspolitik gegen Trennungsväter das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte.

Erst zum 19.05.2013 trat nach blamabler politischer Auseinandersetzung eine neue Regelung in Kraft, die es nicht ehelichen Vätern ermöglicht, mit der Mutter gemeinsam - legal gestützt - für das gemeinsame Kind zu sorgen. Die Gemeinsame Sorge kann entweder von beiden Eltern beim Jugendamt erklärt werden oder aber vom Vater beim Familiengericht beantragt werden. Wenn die Mutter keine plausiblen Gründe nennt, die hinsichtlich Kindeswohlaspekten eine Gemeinsame Sorge verhindern, wird das Familiengericht die Gemeinsame Sorge auch beschließen.

Im Moment ist also in der Regel bei geschiedenen Eltern die Existenz eines Gemeinsamen Sorgerechtes zu vermuten. Dies kann auch nicht durch einen bescheinigenden Schriftsatz nachgewiesen werden, sondern ist allein in der ehemaligen Ehe begründet.

Behauptet ein ehemals verheiratetes Elternteil, nach einer Scheidung allein sorgeberechtigt zu sein, ist diese Zuweisung der Alleinsorge immer in einem familiengerichtlichen Beschluss begründet, der in diesem Fall vorgelegt werden kann und auch vorgelegt werden muss.

In der Praxis wird immer wieder festgestellt, dass z.B. eine Mutter, bei der das Kind wohnt, die aber ansonsten mit dem Vater das Sorgerecht und das darin beinhaltete Aufenthaltsbestimmungsrecht gemeinsam ausübt, bei der Anmeldung den Anschein erweckt, allein zuständig zu sein und die damit ungerechtfertigt zur Ausgrenzung des zweiten gemeinsam sorgeberechtigten Elternteiles auffordert. Die daraus resultierende Missachtung der Sorgerechtssituation des Vaters sorgt immer wieder für heftige Turbulenzen.
In solchen Situationen wird oft vom Vater der Nachweis des Bestehens der Gemeinsamen Sorge gefordert, die er nicht erbringen kann, weil sie allein in der ehemaligen Ehe begründet ist und ihm nach der Scheidung nicht entzogen wurde.
Allein ein eventuell erfolgter Entzug ist in einem familiengerichtlichen Beschluss dokumentiert.

Selbst wenn ein Elternteil mit Hauptaufenthaltsort des Kindes auch das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht hat, ist möglich, dass ansonsten die Gemeinsame Sorge weiter existiert. Der Vater ist in diesem Fall in schulischer Hinsicht weiter mitwirkungsberechtigt.

Im Fall einer Ummeldung an eine andere Schule ist bei Gemeinsamem Sorgerecht die Unterschrift beider Eltern einzuholen.


Bei aktuell oder ehemals nicht verheirateten Elternteilen ist zunächst immer noch eine Alleinsorge der Mutter zu vermuten. Haben die Eltern die Gemeinsame Sorge erklärt oder hat diese der Vater vor dem Familiengericht zugewiesen bekommen, ist dies durch ein entsprechendes Dokument zu belegen. Auch dies muss die Schule berücksichtigen.

Zusammengefasst kann man formulieren:

Bei ehemals verheirateten Eltern ist die gemeinsame Sorge die Regel und kann nicht durch ein Dokument nachgewiesen werden. Sie hat ihren Ursprung im Ehestand.
Ein vorgebrachter Anspruch der Alleinsorge muss durch eine familiengerichtliche Entscheidung nachgewiesen werden und ist auch allein dadurch wirksam.

Bei ehemals nicht verheirateten Eltern ist die Alleinsorge der Mutter die Regel.
Der Anspruch der Gemeinsamen Sorge ist entweder durch eine familiengerichtliche Entscheidung nachzuweisen oder durch das Protokoll der Erklärung der Gemeinsamen Sorge beim Jugendamt.


Das Ganze wird dadurch komplizierter, dass inzwischen nach der Scheidung ehemals verheirateter Eltern die Familiengerichte immer seltener einem Elternteil die Alleinsorge zuteilen, dafür aber hin und wieder nur einem Elternteil das Recht auf Teilbereiche der elterlichen Sorge zusprechen, so z.B. auch für den Teilbereich Schulische Bildung.

Umgekehrt kommt es vor, dass einem Elternteil ohne Sorgerecht die Befugnis der Teilhabe an der Sorge im Bereich schulische Bildung mit übertragen wird.


Es darf nicht sein, dass die Schule das Ausgrenzungsbemühen eines Elternteiles mit bedient. Informationsdefizite, persönliche Erfahrungen aus einer individuellen Trennungsvita und ideologische Vorprägungen sorgen aber immer wieder dafür, dass in Schulen rechtswidrige Ausgrenzung betrieben wird.

Zumindest bei öffentlichen Veranstaltungen sollten auch nicht sorgeberechtigte Elternteile in Schulen spüren, dass auch sie herzlichen willkommen sind.


Aus juristischer Sicht haben nur sorgeberechtigte Elternteile das Recht auf personenbezogene Informationen der Schule über ihr Kind.
Es geschieht aber immer wieder, dass Folgepartner einer Mutter in die schulischen Abläufe für ihre Stiefkinder selbstverständlich mit einbezogen werden – obwohl sie nicht sorgeberechtigt sind, während sie in Bezug auf ihr eigenes Kind an der Schule als persona non grata behandelt werden.
Pointiert formuliert bestimmt in diesem Fall über die Vaterrolle allein die psychosexuelle Befindlichkeit der Mutter.
Völlig absurd wird dies – wie auch in meinem Fall geschehen – wenn ein nicht sorgeberechtigter Trennungsvater selbst Lehrer ist und an der Schule seiner eigenen Kinder wie der Träger einer Perversion behandelt wird.

Diesem Problem kann die Schule nur mit viel Fingerspitzengefühl begegnen. Die Lösung dafür liegt aber auf der Ebene des Gesetzgebers.

Nicht sorgeberechtigte Elternteile sind zumindest am öffentlichen Leben der Schule zu beteiligen.
Sie können z.B. Mitglied im Förderverein sein.

Erst in den letzten Tagen wurden wir im Rahmen unserer Beratungsarbeit auf einen Fall aufmerksam gemacht, der das Problem und dessen Verortung in der Struktur der Ausführungsbestimmungen erfahrbar macht.

Ein nicht sorgeberechtigter Vater war immer in die Abläufe in der Schule eingebunden.

Er erhielt auch nach der Trennung wie schon vorher üblich eine Einladung zur Elternpflegschaftssitzung und war dort anwesend.
Die Mutter nahm – wie vorher öfter schon – nicht teil. Als sie erfuhr, dass der Vater des gemeinsamen Kindes bei der Elternpflegschaftssitzung zugegen war, formulierte sie ihr Missfallen, was zu folgender Reaktion führte:

Die Schule machte den Vater in einem Schreiben darauf aufmerksam, dass in der Elternbeiratsverordnung des Kultusministeriums für Elternvertretungen an öffentlichen Schulen die Anwesenheit so geregelt ist, dass nur das Sorgerecht ausübende Erziehungsberechtigte geladen sein dürfen.

In diesem Fall entscheidet allein die Mutter des Kindes darüber, ob ein Vater nach der Trennung noch als Vater behandelt wird oder ob ein anderer Mann diese Funktion wahrnimmt.


Wir schlagen als proaktive Maßnahmen zur Unterstützung einer deeskalierenden Vorgehensweise folgende Änderungen vor:

- Bei der Aufnahme an einer schulischen Einrichtung werden grundsätzlich zwei Adressfelder für Erziehungsberechtigte (Erziehungsverpflichtete) vorgehalten.

- Zum Procedere bei der Anmeldung an einer schulischen Einrichtung gehört die Feststellung der Sorgerechtslage, wobei bei geschiedenen Eltern das Alleinige Sorgerecht und bei nicht ehelichen Eltern die gemeinsame Sorgeberechtigung durch entsprechende Nachweise dokumentiert werden muss.

- Elternteile – unabhängig von der Sorgerechtslage - werden von den schulischen Einrichtungen grundsätzlich geschätzt und als willkommen behandelt. Personenbezogene Informationen können an nicht sorgeberechtigte Elternteile auch nicht weiter gegeben werden, was als bedauerlich angesehen werden sollte. Den damit ausgegrenzten Elternteilen sollte mit entsprechender Empathie begegnet werden.

- Wenn der Informationsfluss zwischen gemeinsam sorgeberechtigten Eltern entgegen der gesetzlichen Vorgabe nicht funktioniert, sollten schulische Einrichtungen mit den ausgegrenzten Elternteilen flexible Arrangements treffen. Von der Deponierung von adressierten und frankierten Briefumschlägen im Sekretariat für kommende Schulinformationen bis zur Aufnahme in den Mailverteiler können dabei viele Informationswege genutzt werden. Ein Rückzug auf die Informationspflicht eines Elternteils und damit die Verweisung des ausgegrenzten Elternteils auf den Klageweg sollten der Vergangenheit angehören.

- Im Bereich der Ausführungsbestimmungen und im Vorgehen und Verhalten der Körperschaften sollten Spielräume nicht restriktiv, sondern konstruktiv genutzt werden, um Ausgrenzung von Elternteilen nicht zu befördern, sondern auf Deeskalation hinzuwirken. Dies steht im Einklang mit den Bemühungen von Landesjustizministerium und Landessozialministerium im Projekt ELTERNKONSENS.


Es wird deutlich, dass Schule nicht so tun kann, als sei sie eine Insel im Getriebe der Welt und als könne sie sich heraushalten.

Wenn Schulverwaltung und Unterrichtende in der Lage sein sollen, diese vielschichtige und komplexe Thematik konstruktiv bedienen zu können, ist Aufklärung und Schuldung dringend erforderlich.


2. Berücksichtigung des Trennungskontextes im Schulunterricht

Jede Trennung von Eltern belastet die dadurch betroffenen Kinder in hohem Maß. Sind die Eltern in Streitigkeiten verwickelt, ist die Belastung für die Kinder entwicklungshemmend. Besonders bei hochkonflikthaften Trennungsauseinandersetzungen muss bei Kindern mit psychosomatischen Belastungen und mit pathologischen Langzeitfolgen gerechnet werden.

Werden Kinder in den Trennungskonflikt mit einbezogen, indem sie z.B. über Schriftsätze der Gegenseite informiert oder als Entscheider einbezogen werden („Willst Du heute zum Papa?“), muss mit ausgeprägten Belastungen gerechnet werden.

In der Schule lassen Kinder in Trennungssituationen entweder auffällige Renitenz oder auffällige Überanpassung erkennen.

Auffällige SchülerInnen müssen aufmerksam beobachtet werden. Eine frühe Intervention unter feinfühliger Leitung durch Vertrauenspersonen ist anzustreben.
Die Schule muss die Eltern in ihrer Kausalität für die Situation des Kindes ansprechen, sie als einzig legitime Zuständige für die Bewältigung des Konfliktes ansehen und sie auf Beratungsangebote hinweisen.

Oft leugnen Elternteile die Kausalität der Trennungsauseinandersetzungen für die Situation ihres Kindes. In einem solchen Fall ist die Weitergabe des Problems an das Jugendamt in der Klassenkonferenz zu erörtern.

Um Lehrpersonen in die Lage zu versetzen, diese Leistungen erbringen zu können, müssen diese zur Problematik von Kindern in der Trennungsphase ihrer Eltern sensibilisiert und geschult werden.


3. Berücksichtigung von Trennung und Scheidung in den Lehrplänen

Didaktisch muss das Thema Trennung als fächerübergreifendes Thema Platz im Unterricht finden.
Im Gemeinschaftskundeunterricht darf sich das Thema Familie nicht nur mit traditionellen intakten Familienbeziehungen begnügen, sondern muss die gesellschaftliche Realität vielfältiger Familienkonstellationen und deren Scheitern mit allen Risiken in den Unterricht einbeziehen. Lehrmaterial hierzu fehlt völlig.

Weitere Fächer wie Biologie, Deutsch, Religion, Ethik und andere müssen Träger einer fächerübergreifenden Beziehungsdidaktik als Ort von umfassendem Beziehungslernen werden. Auch Konfliktbewältigungsstrategien in emotional stark geprägten Beziehungsräumen müssen Inhalte einer solchen Beziehungsdidaktik werden.

Die Chance von deeskalativen Trennungen und im Blick auf das Kind möglichst schädigungsarmen Trennungsbewältigungen muss im Unterricht Platz finden und damit eine Trennungskultur ansprechen, die das Kind in den Mittelpunkt stellt.


4. Schulung von Lehrkräften

Was müssen Lehrkräfte leisten können?

• Beziehungsdidaktik vermitteln können
• Fachwissen um die Belastungen von Kindern in Trennungssituationen umsetzen können
• Belastungen von Kindern erkennen können
• Eltern ansprechen können, ohne sich im Konflikt instrumentalisieren zu lassen
• Zusammenarbeit mit den Professionen der familialen Intervention
• Sich von eigenen Vorprägungen aus Beziehungskonflikten emanzipieren können

Dazu bedarf es

• Ausbau von Lehrplänen
• Entwicklung von Unterrichtsmodellen
• Zusammenarbeit mit der Schulsozialpädagogik
• Thematisierung im Studium der Pädagogischen Hochschulen und Universitäten
• Weiterbildungsangebote zum Thema im Lehrerfortbildungsprogramm der Kultusministerien
• Vortragsangebote an Schulen (organisiert von Kommune, Schulleitung, Lehrerschaft, Elternschaft oder Förderverein)



Literatur

Familienhandbuch, Kapitel „Trennung/Scheidung“, www.familienhandbuch.de

KiMiss-Studie, http://www.kimiss.uni-tuebingen.de/de/ergebnisse.html

Leitner Werner, „Elterliche Trennung im Blickfeld schulischer Handlungsperspektiven“, in Heilpädagogische Forschung, Band XXXV, Heft 2,2009, S. 87-98, www.wernerleitner.de/FZ_HP.pdf